Karwoche – Karsamstag

11.04. Karsamstag – Ohne Maske – selber schuld sein? (Pfarrerin Grünhoff, Krefeld-Süd)

Karsamstag. Die Folter am Kreuz ist vorüber. Verhallt sind Spott und Hohn: „Hilf dir doch selbst!“
Er hat es nicht getan. Er hat sich nicht selbst geholfen. Er ist nicht vom Kreuz herabgestiegen. Jesus ist gestorben.
Jetzt ist er tot und begraben. Der große Stein verschließt die Öffnung des Felsengrabes. Ruhe ist eingekehrt – Grabesruhe.

Im Kontrast zu dieser Ruhe steht die Losung für den heutigen Karsamstag aus dem Buch des Propheten Jeremia. Da ist von einer bedrohlichen Anklage vor Gericht die Rede: „Ach, Herr, wenn unsere Sünden uns verklagen, so hilf doch um deines Namens willen!“ (Jeremia 14,7)

„Ach, Herr, wenn unsere Sünden uns verklagen…“. Hier geht es nicht um den einen Fehler, die eine Nachlässigkeit, die eine Gedankenlosigkeit. Hier geht es um die Grundausrichtung meines Lebens. Wann und wo hätte ich so gelebt, wie ich hätte leben sollen? Aus Liebe und Vertrauen zu Gott statt aus Angst um mich selbst und um mein so schwaches Selbstwertgefühl? Mit weitem Herzen statt mit angstvollem Tunnelblick?
Was wäre, wenn ich darauf verzichten könnte, gute Gründe und Erklärungen für meine Fehler zu finden? Wenn ich vor mir selbst und vor Gott zugeben könnte, dass ich meine Mitmenschen übersehe, verletze oder abwerte – nur um vor mir selbst bestehen zu können?

Ich traue mich doch nicht, mich ganz und gar zu ver-lassen, mich Gott und meinen Mitmenschen hinzugeben. Wenn wir es gewagt hätten, Mehl, Seife und anderes miteinander zu teilen, wären die Regale in den Supermärkten jetzt wohl besser gefüllt. Vielleicht hätte ich nur anfangen müssen…

Keine der Pandemien der letzten Jahrzehnte hat uns wirklich gekümmert. Nun sind wir zum ersten Mal massiv betroffen – wir, die wir sonst nur die Vorteile aus der Globalisierung ziehen. Wir sind es gewohnt, dass die Menschen in den armen Ländern unserer Erde den Preis zahlen. Nun trifft es uns auch. Und das ist nur ein Aspekt. Vieles gerät momentan aus dem Blick. Wir leben auf Kosten unserer Mitmenschen, der nachfolgenden Generationen und des gesamten Ökosystems.

Wage ich es, ohne Maske in den Spiegel zu schauen und das alles zu sehen? Kann ich das aushalten, zu wissen, dass ich an alldem beteiligt bin? Kann ich darauf verzichten, andere verantwortlich zu machen? Halte ich das aus, selber schuld zu sein? „Ja, ich bin’s.“ – und kein Herausreden.

Ohne das zu tun, werde ich Karfreitag nicht erleben – und Ostern auch nicht. Ich werde nicht erleben, was ich damit zu tun habe und warum ich diesen Jesus Christus brauchen könnte.

„Ach, Herr, wenn unsere Sünden uns verklagen, so hilf doch um deines Namens willen!“, so betet der Prophet Jeremia für sein Volk Israel und für sich. Er hat den Blick in den Spiegel ohne Maske getan – mehr noch, im Auftrag Gottes hält er seinen Zeitgenossen den Spiegel vor. Er fordert Vertrauen auf Gott, Gerechtigkeit in der Gesellschaft, Lebenschancen auch für die Armen und Unterdrückten.
Forderungen, die heute genauso aktuell sind wie damals zu Jeremias Zeiten. „Ach, Herr, wenn unsere Sünden uns verklagen, so hilf doch um deines Namens willen!“

Im 1. Brief des Petrus werden wir daran erinnert, wie Jesus Christus uns geholfen hat und warum er jetzt im Grab liegt: „Christus hat unsere Sünden selbst hinaufgetragen an seinem Leibe auf das Holz, damit wir, den Sünden abgestorben, der Gerechtigkeit leben.“ (1. Petr. 2,24)

Er liegt im Grab, damit wir frei sind – in den Spiegel zu schauen, Vertrauen zu wagen, Liebe zu üben – und zu leben.
Amen.

Eingangswort
Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat, der Bund und Treue hält ewiglich und der niemals loslässt das Werk seiner Hände.
Amen.

Lied Holz auf Jesu Schulter (EG 97)
1. Holz auf Jesu Schulter, von der Welt verflucht,
ward zum Baum des Lebens und bringt gute Frucht.
Kyrie eleison, sieh wohin wir gehn.
Ruf uns aus den Toten, lass uns auferstehn.

2. Wollen wir Gott bitten, dass auf unsrer Fahrt
Friede unsre Herzen und die Welt bewahrt.
Kyrie eleison, sieh, wohin wir gehn.
Ruf uns aus den Toten, lass uns auferstehn.

3. Denn die Erde klagt uns an bei Tag und Nacht.
Doch der Himmel sagt uns: Alles ist vollbracht.
Kyrie eleison, sieh, wohin wir gehn.
Ruf uns aus den Toten, lass uns auferstehn.

6. Hart auf deiner Schulter, lag das Kreuz, o Herr,
ward zum Baum des Lebens, ist von Früchten schwer.
Kyrie eleison, sieh, wohin wir gehn.
Ruf uns aus den Toten, lass uns auferstehn.

Text: Jürgen Henkys nach dem niederländischen „Met de boom des levens“ von Willem Barnard

Gebet
Gott des Lebens,
du bist in den Tod gegangen, damit wir leben.
Danke, dass jeder einzelne Mensch dir so unendlich wichtig ist!
Heute, am Karsamstag, stehen wir zwischen Tod und Leben.
In der Mitte der Nacht wird der Ostermorgen anbrechen –
der Anfang deiner Zukunft.
Du weißt, wie sehr wir diesen Anfang brauchen, mitten in der Not dieser Welt.
Sei bei allen Kranken, Einsamen, Leidenden und Sterbenden.
Rufe die Verstorbenen bei ihrem Namen durch den Tod hindurch.
Tröste die Trauernden und ermutige die Verzweifelten.
Stärke alle, deren am Kräfte am Ende sind. Lehre uns Dankbarkeit und Demut. Stärke unser Vertrauen, unsere Hoffnung und unsere Liebe.
Wir bitten dich: Lass es Ostern werden in unseren Herzen und in unserer Welt.
Amen.

Vaterunser
Vater Unser im Himmel, geheiligt werde Dein Name.
Dein Reich komme, Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute,
und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.

Segenswort
Geht und lebt, begleitet und getragen vom Segen unseres Gottes:
Der HERR segne dich und behüte dich, er schaue dich freundlich an und schenke dir neues Leben, er lasse seinen Blick auf Dir ruhen und erfülle dich mit seiner Liebe. So segne dich Gott, der Allmächtige und Barmherzige, dein Schöpfer, Erlöser und Vollender.
Amen.

Pfarrerin Christine Grünhoff, Ev. Kirchengemeinde KR-Süd